Wohnquartier Alpenstraße
Wettbewerb Neubau Wohnquartier Alpenstraße 67, Salzburg
Architekturbüro:
Schabelreiter Architektur
Arch. DI Elisabeth Schabelreiter
Salzburg
Freiraumplanung:
SI Landschaftsarchitektur ZT
DI Srdan Ivkovic
Wien
Bauphysik:
Bauphysik Team
Zwittlinger & Staffl Engineering OG
Salzburg
Entwurfsparameter – Städtebau
Lage und Orientierung
Das Projekt vermittelt zwischen der lärmbelasteten Alpenstraße im Westen und einer ruhigen Wohngegend im Osten.
Der gesamte Bau wird als Schallschutzbarriere zur Straße hin ausgebildet. Die Bebauung am Grundstück Alpenstraße 67 wird in drei Einzelkörper gegliedert, welche gegenüber der Straßenflucht leicht verdreht sind, um bessere Orientierung der Wohnungen und interessantere Freibereiche an beiden Gebäudeseiten zu erhalten.
Entlang der Alpenstraße ist dadurch die Pflanzung einer stadtraumprägenden, erdgebundenen Baumreihe möglich.
Die beiden zentralen Stiegenhäuser verbinden die drei einzelnen Baukörper. Sie sind zur Alpenstraße, nach Westen hin, als Lärm- und Witterungsschutz verglast ausgeführt. Dennoch handelt es sich um Außenräume. Die ostseitige Fassade und die Anschlüsse zu den Laubengängen bleiben offen.
2-seitige Orientierung:
– ausschließliche durchgesteckte Wohnungen
– Orientierung aller Wohnungen in beide Richtungen, West und Ost
– abgesetzte Laubengangerschließung mit halböffentlicher Zwischenzone ermöglicht Interaktion
– private Balkone auf der ruhigen Ostseite
Grundriss EG M 1.200
Durchwegung und Interaktion
Die täglichen Wege im Gebäude sowie aus und in die Wohnung sind helle, freundliche Wege mit hoher Aufenthaltsqualität. Obwohl die nötigen Verbindungen kurz sind, ist die Anlage so konzipiert, dass die Wege selbst in ihrer Vielfältigkeit und freien Wahl zum Erlebnis werden können. Über die zahlreichen Stege und Plattformen, welche alle Ebenen und Gebäudeteile miteinander verbinden, die über verschiedene Dachlandschaften und zu den unterschiedlichen Erdgeschoßbereichen wie auch zum südlich gelegenen Kinderspielplatz führen, gibt es zahlreiche Gelegenheiten für generationsübergreifenden Austausch, für aktive Bewegung als auch fürs ruhige Beobachten. Um die Interaktion zwischen den Bewohnern zu fördern und aufgrund der besseren Erreichbarkeit, sind Funktionen wie Abstellräume und Waschraum in die Obergeschoße / Wohngeschoße integriert. Zwei zentrale, den beiden Stiegenhäusern angelagerte Blöcke dienen als wohnungserweiternde, nahe und gut erreichbare Abstellräume und erhalten dadurch eine völlig andere Qualität und Nutzbarkeit als unterirdische Kellerräume. Als Nebeneffekt bilden sie eine Schallschutzbarriere zur Alpenstraße. Da auch die Fahrradräume im Erdgeschoß angesiedelt sind, dient der Keller fast ausschließlich als Tiefgarage. Alle anderen Wege wie Müllentsorgung, Wege zum Fahrrad, zum Lagerraum, zur Werkstatt etc. finden oberirdisch bei Tageslicht statt. Die beiden Erschließungszonen sind als zentrale Kommunikationsorte ausgebildet. Durch offene Plattformen werden die Podeste in jedem Geschoß erweitert. Es gibt die Möglichkeiten zum Austausch und zum Verweilen. Gestalterisches Kernstück der Stiegenhäuser sind die geschoßübergreifenden Begrünungen im runden, als Atrium ausgebildeten Treppenauge.
Baumlegende
Baum 1 – Lederhülsenbaum
Gleditsia triacanthos „Skyline“
Krone DM 8m
Baum 2 – Blasenbaum
Koelreuteria paniculata
Krone DM 5m
Baum 3 – Gefülltblühende Vogelkirsche
Prunus avium „Plena“
Krone DM 6m
Baum 4 – Mittelmeer Zürgelbaum
Celtis australis
Krone DM 8-10m
Baum 5 – Vogelbeere
Sorbus aucuparia
Krone DM 4,5m
Baum 6 – Kupfer Felsenbirne
Amelanchier lamarckii
Krone DM 4m
Bauweise und Materialität
Die gewählte Hybridbauweise aus STB-Skelettbauweise (Recyclingbeton) mit Holzriegelwänden kombiniert die Vorteile des Massivbaues wie Speichermasse, lange Werthaltigkeit durch unempfindliche Tragstruktur, hohe statische Belastbarkeit, die eine intensive Dachbegrünung ermöglicht und guten Schallschutz mit den ökologischen Vorteilen des Holz-Riegelbaues und ermöglicht eine langfristige flexible Nutzung. Im Sinne der Rückbaufähigkeit werden weitgehend Plattenwerkstoffe statt verklebten Folien verwendet. Als Dämmung kommt im Holzriegelbau eine Zellulosedämmung zum Einsatz. Die unterschiedlichen Baustoffe werden aufgrund ihrer Qualität bewusst ausgewählt. Die Verwendung von Stahlbeton ist aus ökologischen Gründen in der heutigen Zeit so gering wie möglich zu halten. Dennoch kommt Stahlbeton in der Primärstruktur aus mehreren Gründen zum Einsatz: Die massiven Decken bringen in Kombination mit den modular aufgebauten Grundrissen maximale Flexibilität über die Lebensdauer. Weiters wird vor dem Hintergrund der zu erwartenden Klimaveränderungen der Einsatz von Speichermassen energetisch als sinnvoll erachtet. Diese werden im geplanten Hybridbau mit Begrünungen und Retentionsgründächern kombiniert um insbesondere der sommerlichen Überhitzung entgegenzuwirken. Die Laubengänge sind aus schlanken Stahlstützen und aus Brandschutzgründen mit Stahlbetondecken geplant.
Laubengänge und Pufferzonen
Direkt von den zentralen Stiegenhaus-Plattformen aus, gelangt man auf die Laubengänge. Diese befinden sich an der Westseite und somit an der lauten Straßenseite des Gebäudes. Um allen Wohnungen beidseitige Orientierung zu ermöglichen sind die Laubengänge von der Fassade abgerückt. Dadurch entsteht mehr Privatsphäre für die Wohnungen an der Erschließungsseite. Durch das Abrücken entsteht eine Pufferzone mit Lufträumen und balkonartigen Vorzonen, die den Wohnungen zugeordnet sind und vielfältig genutzt werden können. Der erweiterte Laubengang wird zum Ort der Begegnung und Kommunikation. Hier kann Interaktion stattfinden, hier kann man sitzen und beobachten, Pflanzen kultivieren, am aktiven Leben der Stadt teilnehmen und das Treiben auf der Alpenstraße verfolgen. Durch die tiefen Lufträume entsteht dennoch eine Schutzbarriere zwischen öffentlichem Laubengang und den Fenstern der dahinterliegenden Wohnungen. Wie in kleinen Vorgärten werden hier Pflanzen gezüchtet, Kinderwägen aufbewahrt oder Kaffeetischchen aufgestellt, um an der Nachbarschaft aktiv teilzunehmen. Sitzbänke übernehmen die Funktion der traditionellen Hausbank, die gerade von älteren Menschen gerne benutzt wird, um das Treiben auf der Straße vor dem Haus zu beobachten.
Freiraumkonzept
Das Freiraumkonzept sieht zwei Landschaften für zwei unterschiedliche Seiten der Bebauung vor. Richtung Alpenstraße wird eine urbane Vorzone mit attraktiver Bepflanzung der Eingangsbereiche und Erdgeschoßzonen ausgestaltet. Diese Zone trägt wesentlich zur Adressbildung der Wohnanlage bei. Auf der anderen Seite zur Schiffmanngasse verläuft ein Gartenband, das als wichtigste Grünfläche auf dem Bauplatz fungiert und das Projekt mit östlich gelegenen städtebaulichen Kleinstrukturen verknüpft. Am nördlichen Ende liegt ein Café mit attraktiven Terrassen, welches ein Ort für Treffen, Kommunikation und Austausch der Bewohner:innen ist. Als Gegenpol am südlichsten Ende befindet sich der Spielplatz mit großen Bäumen und vielfältigen Spielangeboten. Der Spielplatz ist mit Architektur und Innenraum stark verwoben und stellt ein Highlight auf dem Bauplatz dar. Das Gelände wir muldenartig ausgebildet und umfasst schützend den Spielbereich, der sich wettergeschützt in eine überdachte Erdgeschoßzone hineinzieht. Die großen Bäume bilden hier eine Grünverbindung in die Egger- Lienz-Gasse und spenden ausreichend Schatten. Auf der Dachfläche erstreckt sich eine vielfältige Dachlandschaft mit Terrassen, Spielecken, Urban Gardening, Table Commune und einem Biodiversitätsdach nach den Prinzipien von Animal aided Design. Dank der intensiv begrünten Dachflächen wird auch die Klimaresilienz der Wohnananlage gestärkt.
Der Baumbestand wird vollständig erhalten. Als neue Bepflanzung auf dem gewachsenen Boden dienen zum Beispiel Lederhülsenbaum (Glaedicia skyline) und Zürgelbaum (Celtis Australis) als Leitbäume sowie weitere klimaresilienten Arten, auch auf den Unterbauten mit min. 80cm Aufbau. Die Versiegelung der Oberflächen wird minimal gehalten und die Wege sind mit versickerungsteiloffenen Belägen wie Pflaster geplant. Anhand der hellen Farben werden auch die thermischen Eigenschaften der Materialien verbessert. Weitere Maßnahmen gegen Überhitzung sind großzügige Beschattung mit Hilfe von Bäumen und PV-Pergolen sowie Verdunstungsflächen mit verzögerter Versickerung zur Verbesserung des Mikroklimas. Die Fassadenbegrünung straßenseitig und in Atrien der Stiegenhäuser erfolgt anhand der bodengebundenen Rankgerüste mit Kletterpflanzen wie einer Pfeifenwinde (Aristolochia macrophylla), Jungfernrebe (Parthenocissus tricuspidata) und Immergrünes Geißblatt (Lonicera henryi). Gemeinschaftsfläche für Urban Gardening und Treffpunkt für Kommunikation stellen die wichtigsten Freiraumelement der Wohnanlage in der Schiffgasse dar. Ein grüner Puffer schirmt das Gebäude von der Straße ab und gibt ein attraktives Erscheinungsbild.
Schiffmanngasse
Bauweise
Tragstruktur: Skelettbau aus Stahlbeton (Recyclingbeton),
– Stützen im Achsraster von 3,80m,
– Skelettbau ermöglicht dauerhaft größtmögliche
– Beton dienst als Speichermasse gegen sommerliche Überhitzung
Außen- und Trennwände: Holzriegelbau
– ökologische Bauweise, sparsamer Materialeinsatz
-Versetzen der Wände nach Erfrodernis flexibel möglich
Grundrisse Wohnungstypen M 1.100
Fassadenschnitt und Ansichtenstreifen M 1.25
Modulares System
Wohnungen
Die Grundrisse sind innerhalb der Tragstruktur flexibel anordenbar, zahlreiche Umbauvarianten sind möglich. Alle Wohnungen sind durchgesteckt und orientieren sich auf beide Seiten – West und Ost. Alle Bäder sind barrierefrei und ermöglichen dadurch die Bewohnbarkeit aller Altersgruppen. Es wird empfohlen, die Wohnungen überwiegend als 3-bis 4-achsige Clusterwohnungen auszubilden. Die Cluster ermöglichen das Zusammenwohnen in unterschiedlichsten Konstellationen. Insbesondere hochwertige Gemeinschaftswohnungen mit seperaten Bädern für Zusammenlebende mit Ansprüchen an Privatsphäre und Raumqualität sind in Salzburg nicht vorhanden. Aufgrund des hohen Preisniveaus ist für die meisten in Salzburg Lebenden nur wenig Wohnfläche erschwinglich. Hochwertige Wohngemeinschaften ermöglichen es für Erwachsene, Berufstätige, Alleinerziehende oder ältere Menschen zusätzlich zum privaten Rückzugsraum ein größeres Raumangebot durch Gemeinschaftsräume leistbar zu machen.
Schallschutz innerhalb und außerhalb der Wohnung
Trennwände zwischen Wohneinheiten wie auch innerhalb der Wohnungen sind hochwertig ausgestattet, um Privatsphäre zu gewährleisten. Die Betondecken gewährleisten guten Schallschutz zwischen den Geschoßen bei flexibler Anordnung der Wände. Straßenlärm wird aufgrund der absorbierenden Ausstattung der äußeren Laubengangsbrüstungen noch vor den Wohnungen reflektiert bzw. absorbiert. Die zusätzliche Erfordernis von Schallschutzfenstern wäre im Detail zu prüfen. Insbesondere für die westseitigen (straßenseitigen) Wohnräume wird die Ausstattung mit kontrollierter Wohnraumlüftung empfohlen. Zur Positionierung der Lüftungsgeräte gibt es ausgewiesene Zonen auf den Dächern neben den zentralen Schächten.